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Auszug eines Briefes des ehemaligen Zwangsarbeiters der Firma Sichelwerke, Thadeusz Rudzik vom Januar 1999. (Rudzik verstarb am 16. November 2001)

„Ich wurde am 6. Juli 1925 in Wlodimierz-Wolynski geboren. Zu Hause herrschte Hunger. … Um ein Brot zu kaufen, musste man nachts die Schlange vor der Bäckerei stehen. Im Juli 1942 nahmen Deutsche alle Leute fest, die vor der Bäckerei warteten. Sie wurden unter Waffen zum Bahnhof geführt. Auf dem Bahnhof wurden alle in Viehwaggons gesteckt. Eingeschlossen warteten wir bis der Transport komplett war. ….
Wir bekamen 2kg Brot für eine Woche. Man aß es innerhalb von zwei Tagen. Die restlichen 5 Tage der Woche fastete man….

Wie bekannt arbeitete ich in der Fabrik „Siechel-Leim Hannover Limmer“ (so im Original), wo Klebstoff hergestellt wurde… Die Arbeit war manchmal sehr schwer. Wir arbeiten z.B. beim Ausladen der 100 kg schweren Säcke mit Kartoffelmehl. Die Säcke trugen wir auf Rücken vom Anhänger in das große Magazin. Um die Säcke nicht zu beschädigen, liefen wir barfuß. …
Wenn der Elektriker eine schwere Arbeit hatte, beschäftigte er mich. Ich machte Löcher in den Wänden und legte Kabel. Ich mochte diese Arbeit. ..

Vor Luftangriffen gab es Alarme. Die Maschinen in der Fabrik wurden angehalten. Die Arbeiter – außer der Abteilung, die für den Schutz der Fabrikgebäude während der Luftangriffe zuständig war – gingen in den Schutzbunker. Ich gehörte zu dieser Sonderabteilung. Ich war lieber draußen als in einem Bunker zugeschüttet mit Trümmern…. Für jeden Luftangriff bekamen wir 6 Mark. Die hölzernen Baracken waren während der Bombardierungen nicht geschützt. Sie verbrannten samt unseres bescheidenen Vermögens und Läusen. Die neuen Baracke aus weißen Ziegeln wurden innerhalb zwei Monaten fertiggestellt. Die Arbeit leitete ein deutscher Baumeister – ein sehr anständiger Mensch.“

Quelle: Janet Anschütz u. Irmtraud Heike, Projekt „Hannoversche Lager“. Zwangsarbeit in Hannover während des Zweiten Weltkrieges, Hannover 2005