Tour Nord

Stadtplan mit Erinnerungen der Zwangsarbeit und Mahnmalen mit Bezügen zur NS-ZeitBEGINN

Friedenauer Straße/Ecke Schulenburger Landstraße, Haltestelle Friedenauer Str. ( Linie 6 )

1. MAHNMAL KZ LANGENHAGEN

Industriegebiet Brink-Hafen, Hackethalstraße, in Höhe der Bushaltestelle Wohlenbergstraße

Im Oktober 1944 wurde ein Frauenkonzentrationslager im Gewerbegebiet Brink Hafen für 500 überwiegend polnische Häftlingsfrauen errichtet, die während des Warschauer
Aufstands in Polen verhaftet und deportiert worden waren. Sie mussten in Langenhagen für die Brinker Eisenwerke in der Rüstungsproduktion und bei der Demontage von Flugzeugen
arbeiten. Das KZ wurde am 6. Januar 1945 durch einen Bombenangriff zerstört. Am 8. Mai 2003 wurde auf Initiative der IG Metall und der Stadt Hannover ein Mahnmal am ehemaligen
Lagereingang des KZ eingeweiht, das auch an die Geschichte der Zwangsarbeiter*innen im Industriegebiet am Brink-Hafen erinnert.

Mahnmal KZ Langenhagen

2. ADOLF-REICHWEIN-SCHULE LANGENHAGEN

Langenhagen, Hackethalstraße 29

Adolf Reichwein ( 1898-1944 ) war Reformpädagoge und Kulturpolitiker der SPD. Er gehörte zum Widerstand gegen Hitler (Kreisauer Kreis) und war im Umsturzfall als Kultusminister
vorgesehen. Reichwein wurde am 4. Juli 1944 von der Gestapo verhaftet und am 20. Oktober 1944 nach dem Prozess vor dem Volksgerichtshof in Plötzensee erhängt.1

3. LE-TRAIT-PLATZ GODSHORN

Hier befindet sich eine „Geschichts- und Erinnerungstafel Langenhagen/Godshorn“, auf der insbesondere an den Einsatz osteuropäischer Zwangsarbeiterinnen erinnert wird. Im Stadtgebiet von Hannover waren ungefähr 60.000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter untergebracht, unter ihnen auch Kinder.

Geschichts- und Erinnerungstafel

Einkehrmöglichkeit: Kluwe’s Cafe und Weinscheune, Alt-Godshorn 105

4. MAHNMAL WÖCHNERINNENHEIM SCHULENBURGER MÜHLE

Godshorn, Ziegeleistraße/Ecke Magdeburger Straße

Hier befand sich bis Kriegsende ein „Ausländer-Wöchnerinnenheim“ für osteuropäische Zwangsarbeiterinnen und ihre Kinder. Die Überlebenschancen der hier geborenen Kinder
waren aufgrund der unhaltbaren Zustände sehr gering.2 293 der Kinder, die hier ums Leben kamen, konnten namentlich identifiziert werden. Sie waren aus rassischen Gründen „unerwünscht“ und der Vernichtung schutzlos ausgeliefert. Die Stele mit der symbolisierten
Kinderwiege erstellte der hannoversche Künstler und Steinmetz Uwe Spiekermann.
Die verstorbenen Kinder wurden auf dem Stadtfriedhof Seelhorst in Hannover beigesetzt.3 Dort befindet sich ein Kinderfriedhof mit mehreren 100 Gräbern von namenlosen Kindern polnischer, russischer und ukrainischer Zwangsarbeiterinnen.4

Stele WÖCHNERINNENHEIM SCHULENBURGER MÜHLE
Stele WÖCHNERINNENHEIM SCHULENBURGER MÜHLE

5. INFOTAFEL FREMD- UND ZWANGSARBEITERLAGER SCHULENBURGER MÜHLE

Godshorn, Berliner Allee/Ecke Hannoversche Straße

Das Lager entstand 1942, bis zu 3.000 Menschen verschiedener Nationen, überwiegend aus Osteuropa, waren hier untergebracht. Sie leisteten Zwangsarbeit in kriegswichtigen Fabriken im Norden Hannovers. Das Lager war umzäunt und wurde von Zivilisten bewacht. Im August 1943 wurde hier auch das „Ausländerwöchnerinnenheim“ eingerichtet, nachdem das „Wöchnerinnenlager Wettberger Mühle“ geräumt werden musste, um es den Mannschaften der Luftschutzpolizei zur Verfügung zu stellen.5

6. MAHNMAL ZWANGSARBEIT BEI DEN GÜNTHER WAGNER VERPACKUNGSWERKEN

Hansastraße 10

Mitten im Industriegebiet erinnert das Mahnmal seit 25. September 2015 an die rund 2.000 Frauen und Männer, die von 1939 bis 1945 Zwangsarbeit bei den Günther Wagner Verpackungswerken leisten mussten. Zum zehnjährigen Jubiläum des Vereins Gegen das
Vergessen ./. NS-Zwangsarbeit e.V. gelang es, in Zusammenarbeit mit der Firma Silgan White Cap Deutschland, die heute hier ihren Sitz hat, aber nicht Rechtsnachfolgerin ist, einen Erinnerungsort zu gestalten. Das Mahnmal mit umfangreichen Informationen ist von
Auszubildenden der Firma Silgan angefertigt worden.

Mahnmal Verpackungswerke

7. INFOTAFEL AM WISSENSCHAFTSPARK UND FUNDAMENTRESTE EINER BARACKE

Marienwerder, Garbsener Landstraße, rechts direkt hinter dem Werksgelände der Firma Forvia

Eine Texttafel erinnert an das Schicksal ehemaliger Zwangsarbeiter*innen der Fa. Accumulatoren-Fabrik (AFA). Hier sind auch Erinnerungen einer russischen Zwangsarbeiterin und eines polnischen Zwangsarbeiters dokumentiert. In der Nähe des Standortes finden sich noch Überreste des Zwangsarbeiterlagers.

8. GEDENKTAFEL KZ STÖCKEN

Die Accumulatorenfabrik (AFA) in Hannover-Stöcken produzierte als Rüstungsbetrieb hauptsächlich Zubehörteile für U-Boote. Die Firma gab an, dass sie 4.400 Zwangsarbeiter beschäftigte. Sie mussten in der Regel in gefährlichen und gesundheitsschädlichen
Arbeitsbereichen arbeiten. Zusätzlich wurden ab Sommer 1943 auch KZ-Häftlinge eingesetzt.
Ab Juli 1944 war das Konzentrationslager der AFA gleichzeitig die „Standortverwaltung“ für alle anderen hannoverschen Konzentrationslager.6 Nach dem Einmarsch der Alliierten am
10. April 1945 in Hannover wurde das AFA Werk Stöcken vorübergehend stillgelegt. Am 14. Juni 1945 lief die Produktion wieder an.7
Das KZ-Gelände gehört der Stadt Hannover. Auf Initiative der AG KZ Stöcken ist dieses Gelände vor einigen Jahren unter Denkmalschutz gestellt worden. Ende 2023/ Anfang 2024 wurde damit begonnen, das Gelände wieder aufzubereiten. Die Stadt plant, Teile des KZ zu rekonstruieren und als Erinnerungsorte zu gestalten.

9. GEDENKTAFEL GESCHICHTE(N) IM WISSENSCHAFTSPARK

Wissenschafts- und Technologiepark Marienwerder

Die Tafeln der Stadt Hannover gegenüber dem Breuste-Mahnmal geben eine Übersicht über den Wissenschaftspark und seine Geschichte. Enthalten ist auch eine Lagerskizze zum
Zwangsarbeiter- und Konzentrationslager Stöcken. Erschütternd sind Berichte von Zwangsarbeiter*innen und Auszüge aus dem Buch des ehemaligen Häftlings des KZ Stöcken René Baumer, „Von Verzweiflung und der Sehnsucht nach Freiheit“. Ein abgedrucktes Schreiben der Firma Varta Batterie AG macht deutlich, dass sie einem Mahnmal zur Erinnerung an das ehemalige KZ-Außenlager Stöcken ablehnend gegenüber stand.

10. BREUSTE MAHNMAL

Garbsener Landstraße

Gegenüber der Gedenktafel, auf der anderen Straßenseite der Garbsenser Landstraße, befindet sich das Mahnmal des hannoverschen Künstlers Hans-Jürgen Breuste zum
Gedenken an das KZ Hannover-Stöcken. Es wurde am 7. Mai 1987 von der Stadt Hannover in Anwesenheit ehemaliger Häftlinge des KZ Stöcken eingeweiht. Auf einer Tafel finden sich auch umfangreiche Informationen zu dem Künstler.

Breuste Mahnmal

TOUR-ENDE

Wir hoffen, die Tour konnte dir einen bewegenden Eindruck von den unmenschlichen Bedingungen der Zwangsarbeit in Hannover während der NS-Zeit vermitteln.

Hier gibt’s Infos zu weiteren Touren.

Mögliche Einkehr zum Abschluss der Tour: Finca und Bar Celona, Garbsener Landstr. 25. In unmittelbarer Nähe besteht auch Stadtbahn-Anschluß. Gute Fahrt!

Fußnoten
1 Gedenkstätte deutscher Widerstand – Biografie www.gdw-berlin.de
2 Janet Anschütz, Stephanus Fischer, Irmtraud Heike, Cordula Wächtler, Gräber ohne Namen, Hamburg 2006, S. 51 ff.
3 Tafel Godshorn, Fremdarbeiterlager Schulenburger Mühle
4 Regina Henning, Hannover 1933-1945, Ein antifaschistischer Stadtführer, Hannover 1989, S. 94 ff.
5 Janet Anschütz u.a., a.a.O. S. 45
6 Janet von Stillfried, Das Sachsenross unterm Hakenkreuz, Reiseführer durch Hannover und Umgebung 1933-1945, Göttingen 2016, S. 222
7 Janet von Stillfried, a.a.O., S. 227